Mediation im Team
Vermittlung im Trennungs- und Scheidungskonflikt
 
 
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Autor
Frank Simon
Fachanwalt für Familienrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Mediator
Erscheinungsdatum
Dezember 2000
Erscheinungsort
"Kindprax"
 

Scheidungsmediation im biprofessionellen Team? Die Antwort liegt in der Mitte

Scheidungsmediation als nicht ausschließlich anwaltliche Tätigkeit gehört ebenso nicht unmittelbar zu den klassischen Feldern der Sozialarbeit Welche neuen und mitunter unkonventionellen Möglichkeiten ergeben sich aus diesem Spannungsfeld - die Autorinnen und der Autor wollen in diesem Beitrag Gedanken zu einem Modellprojekt "Biprofessionelle Mediation" am Gesundheitsamt Dresden vorstellen.

Die Autoren, eine Richterin, eine Diplom-Sozialpädagogin und ein Rechtsanwalt, haben gemeinsam die Ausbildung Familienmediation vom Verein Zusammenwirken im Familienkonflikt in Berlin absolviert. Da wir drei in Dresden wohnen, war schnell klar, dass wir gemeinsam ein Projekt beginnen wollten. Die Sozialpädagogin war bei der Ehe- und Familienberatungstelle des Gesundheitsamtes angestellt. So bot es sich an, unser Projekt hier anzubinden. In Dresden war 1998 Mediation noch nicht sehr bekannt und wir stellten unsere Idee zuerst der Leiterin des Gesundheitsamtes und ihrem Team vor. Wir trafen auf breite Zustimmung und wohlwollende Unterstützung. Eine entscheidende Rolle spielte hierbei unsere unterschiedliche berufliche Ausbildung und Erfahrung. Wir alle waren gespannt, wie unsere Zusammenarbeit funktionieren und wie Eltern unser Angebot annehmen würden.

Neben dem Gesundheitsamt stellten wir unser Konzept in verschiedenen anderen Beratungsstellen und im Jugendamt vor; boten Informationsabende zu familienrechtlichen Themen an, wirkten bei diversen Telefonaktionen der regionalen Zeitung und deren Ratgeberseite mit und konnten unser Projekt schließlich sogar im Regionalfernsehen vorstellen. Dadurch konnten wir interessierte Eltern für das Mediationsverfahren gewinnen. Während der Projektdauer von zwei Jahren wurde das vom Gesundheitsamt kostenfrei zur Verfügung gestellte Angebot von 15 Paaren angenommen. Im Mittelpunkt der Verhandlungen stand die Sorge für die Kinder. Damit eng verknüpft waren auch die Klärung und Regelung finanzieller Fragen.

Wir arbeiten ausschließlich in Co-Mediation im Wechsel Sozialpädagogin/Richterin oder Sozialpädagogin/ Rechtsanwalt, so dass immer die psycho-soziale Profession mit der juristischen verbunden werden konnte.

Die hohe Professionalität erzeugte eine entsprechend hohe Erwartungshaltung bei den Eltern. Sie hofften auf eine von uns erarbeitete, schnelle, juristisch abgesicherte Lösung. Wir sahen aber unsere Aufgabe nicht darin, fertige Lösungen zu präsentieren. Vielmehr war es unser Ziel, das schöpferische Potential der Eltern für kreative eigene Lösungen zu aktivieren. Zuerst mussten unterschiedliche Motivationen, Wünsche und Ziele der Paare geklärt werden. Es galt, ein Mindestmaß an gemeinsamen Rahmen und des möglichen Gewinnes für beide ohne Verlierer zu schaffen - im Sinne eines Verhandlungskonsenses.

Der Vorteil der Mediation gegenüber der rein juristischen Lösung im gerichtlichen oder anwaltlichen Vergleichsverfahren ist bekanntlich, dass Eltern in einer konstruktiven Gesprächsatmosphäre Lösungen selbst erarbeiten. Die hinter dem Konflikt stehenden Interessen können benannt und in ein individuelles familienbezogenes Gesamtkonzept eingebracht werden. Die eigenen Wertvorstellung und die individuellen Gesichtspunkte von Fairness sind der Maßstab für die Lösung ohne Verlierer. Damit Interessen, die die Eltern sich im Verhandlungsprozess oft erst bewusst machen müssen, benannt , bisherige Maßstäbe hinterfragt und entwickelt werden können, sind offene und zukunftsorientierte Fragetechniken der Mediatoren hilfreich.

Um verschiedene Optionen möglicher Lösungen am rechtlichen Rahmen zu kontrollieren, gibt den Eltern die juristische Mitwirkung Sicherheit. Der psycho-soziale Mediator hat aktives Zuhören gelernt: er beobachtet den Gesprächsablauf oder nimmt Ungleichgewichte wahr, z.B. wenn ein Elternteil zu wenig zu Wort kommt, sich übergangen fühlt, ungeduldig wird oder Unterstützung und Erläuterung braucht. So kann die dahinterliegende emotionale Bedeutung eines sichtbar sachlichen Konfliktes für das Paar und die Mediatoren deutlicher werden und die Suche nach adäquaten Lösungen unterstützen.

Der Jurist ist gewohnt sach- und ergebnisorientiert zu arbeiten. Die Mediation verlangt/bietet einen anderen Weg/Vorgehen. Wie sich eine Lösung entwickelt und wie sie entsteht ist in der Mediation von besonderer Bedeutung. Bei der Gesprächsführung erweist sich deshalb die Zusammenarbeit mit einem psycho-sozial ausgebildeten Mediator als Gegenpol und Korrektiv. Angesichts der Vielfalt der juristischen Probleme ist umgekehrt der Jurist darauf geschult, sie einzuordnen, zu gewichten, schnell Vor- und Nachteile abzuwägen und zu strukturieren. Davon profitiert der psycho-soziale Mediator.

Das Mediationsverfahren bietet die Chance, unbeschwert von rechtlichen Lösungen den vorhandenen "Kuchen" zu erhalten, bestenfalls zu vergrößern, indem Resourcen gesucht und ausgeschöpft werden. Unterschiedliche berufliche Erfahrungen der Mediatoren erweisen sich als sehr hilfreich. So können im rechtlichen Bereich Kenntnisse von steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten und finanziellen staatlichen Unterstützungen für die Abfederung der finanziellen Trennungsfolgen einer Familie wichtig sein z.B. Steuerersparnisse, Wohngeld und andere Sozialleistungen!

Im psycho-sozialen Bereich sind Kenntnisse der Familienforschung und der Paardynamik gefragt z.B. mögliche altersabhängige Trennungsreaktionen der Kinder , ihre Bedürfnisse und Entwicklungsschritte bei der Neuorganisation der Familie und die Aufgaben der Eltern hierbei. Dies kann bei Entscheidungen über den zukünftigen Wohnort oder das angestrebte "Versorgungsmodell" wichtig sein.

Der Vorteil von Co-Mediation allgemein ist, nicht isoliert arbeiten zu müssen, sondern sich mit jemand direkt austauschen zu können, der den Prozess ebenso mitverfolgen kann wie man selbst. Zudem können sich die Mediatoren unterschiedliche Aufgaben zuteilen - mehr Zuhören und Verfolgen des Prozesses oder mehr Führen des Gesprächs. Bei unterschiedlicher beruflicher Herkunft wird in den Austausch die jeweilige Fachkompetenz und unterschiedliche Berufserfahrung eingebracht. Diese Zusammenarbeit erzeugt eine produktive Spannung.

Der Austausch findet nicht nur nach den Sitzungen statt, sondern u.U. auch während der Mediation vor den Eltern. So kann der Prozess verlangsamt und vertieft werden, wenn Entscheidungsdruck die Selbstverantwortung gefährdet, ebenso können die Mediatoren unterschiedliche Wahrnehmungen benennen und dadurch für das Paar hilfreich sein. Das sich trennende Paar kann sich in ihrer eigenen Unterschiedlichkeit erkennen und spiegeln. So kann deutlich werden, dass unterschiedliche Sichtweisen normal, zugelassen, auszuhalten sind und konstruktiv sein können. Ein wesentlicher Grundsatz der Mediation wird damit optimal umgesetzt.

Der Gewinn durch die biprofessionelle Zusammenarbeit findet nicht nur im konkreten Mediationverfahren statt, sondern wirkt allgemein im beruflichen Alltag der Autoren. Wir sehen seitdem Trennungs- und Scheidungskonflikte in einem größeren Rahmen, auf verschiedenen Ebenen und mit mehr Verständnis für die dahinterliegende Dynamik.

 

 
 

 

 

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